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Angetrieben durch fortschrittliche Verarbeitungstechnologie

Weltweit erste Produktion von Aluminium-Scandiumnitrid mittels MOCVD

Dec 11, 2023

28. Oktober 2019

von Jennifer Funk, Fraunhofer-Gesellschaft

Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF ist gelungen, was bisher als unmöglich galt: Sie sind die ersten weltweit, denen es gelungen ist, Aluminium-Scandiumnitrid (AlScN) mittels metallorganischer chemischer Gasphasenabscheidung (MOCVD) herzustellen. Geräte auf Basis von AlScN gelten als die nächste Generation der Leistungselektronik. Mit diesem Durchbruch kommt das Fraunhofer IAF seinem Ziel, Leistungselektronik auf Basis von AlScN-Transistoren für industrielle Anwendungen zu entwickeln, einen entscheidenden Schritt näher.

Transistoren auf Basis von AlScN sind für verschiedene industrielle Anwendungen wie Datenübertragung, Satellitenkommunikation, Radarsysteme oder autonomes Fahren vielversprechend, zumal aktuelle Geräte auf Basis von Silizium (Si) in diesen Anwendungen an ihre physikalischen Grenzen stoßen. Ein Grund dafür ist die Größe von Si-Geräten, die nach dem aktuellen Stand der Forschung nicht mehr reduziert werden kann. Müssten die immer größer werdenden Datenmengen mit der aktuellen Si-Technologie verarbeitet werden, würden die Serverräume eine so große Fläche einnehmen, dass dies wirtschaftlich und ökologisch nicht tragbar wäre. Sogenannte HEMTs (High Electron Mobility Transistoren) übertreffen die Möglichkeiten von Si-Bauelementen bei weitem. Der Schlüssel zum Erfolg von HEMT-Strukturen liegt in den Materialien, auf denen sie basieren. AlScN verfügt über außergewöhnliche Eigenschaften und ermöglicht höhere Trägerkonzentrationen als andere Materialien. Zukünftig sollen deutlich leistungsfähigere und effizientere HEMTs auf Basis von AlScN realisiert werden.

Bisherige Herstellungsverfahren scheiterten an Qualität und Produktivität

Die Herstellung von AlScN bringt grundlegende Herausforderungen mit sich. Das hochmoderne Produktionsverfahren lässt AlScN-Schichten durch Sputtern wachsen. Leider reicht die Qualität dieser Schichten für elektronische Anwendungen wie LEDs und Hochleistungstransistoren nicht aus. Eine alternative Methode ist die Herstellung von AlScN mittels Molekularstrahlepitaxie (MBE). Mit diesem Verfahren können große Mengen Scandium in die Verbindung eingebaut werden. Die Qualität reicht auch für die Herstellung mikroelektronischer Geräte aus. Allerdings ist das Verfahren sehr aufwändig und die Produktivität für Produktionen im industriellen Maßstab zu gering.

Die Herstellung von AlScN mittels MOCVD verspricht nicht nur die nötige Qualität, sondern auch eine ausreichende Produktivität für industrielle Anwendungen. „Wir wussten, dass frühere Versuche anderer Wissenschaftler, Gallium-Scandium-Nitrid mittels MOCVD herzustellen, gescheitert waren. Wir wissen auch, dass viele Wissenschaftler auf der ganzen Welt an der Entwicklung von AlScN-Transistoren arbeiten, aber niemandem vor uns ist dies mithilfe von MOCVD gelungen.“ Auch wenn es für die Industrie ein sehr vielversprechender Ansatz ist“, erklärt Dr. Stefano Leone, Gruppenleiter am Fraunhofer IAF. Beim MOCVD-Verfahren werden Gase über einen erhitzten Wafer geleitet. Durch die Hitzeeinwirkung werden einzelne Moleküle aus dem Gas gelöst und in die kristalline Struktur des Wafers integriert. Durch die Regulierung von Gasfluss, Temperatur und Druck lässt sich die Kristallstruktur präzise einstellen. Darüber hinaus ermöglicht der schnelle Gaswechsel das Übereinanderwachsen unterschiedlicher Materialschichten.

Das Fraunhofer IAF schafft Neuheit

Die Herausforderung für die Forscher des Fraunhofer IAF: Für Scandium gibt es keine Gasquelle. Die Moleküle (Vorläufer) für Scandium sind sehr groß und schwer in die Gasphase zu bringen. „Wir haben den bestmöglichen Vorläufer für Scandium untersucht und Anpassungen unseres MOCVD-Reaktors für das erforderliche Verfahren geplant. Wir haben viel recherchiert und zahlreiche Diskussionen geführt, bis wir einen Aufbau entwickelt haben, den wir jetzt sogar patentieren lassen. Nun ist es uns gelungen, AlScN zu züchten.“ Schichten mittels MOCVD mit einer sehr hohen Kristallqualität und der richtigen Menge Scandium herzustellen, um die nächste Generation von Leistungstransistoren zu entwickeln“, freut sich Leone über die Leistung. Die MOCVD-Anlage am Fraunhofer IAF wurde von der Forschungsgruppe so modifiziert, dass ein hochwertiger und reproduzierbarer AlScN-Produktionsprozess möglich ist.

Nach der erfolgreichen Abscheidung von AlScN in der MOCVD-Anlage wurden die ersten AlScN-Schichten für Transistoren hergestellt. Die Schichten erzielen bereits vielversprechende Ergebnisse mit einem Schichtwiderstand von ~200 Ohm/Quadrat, einer Mobilität von ~600 cm2/Vs und einer Ladungsträgerdichte von ~4,0 x 1013 cm-2. Aktuelles Ziel der Wissenschaftler ist es, den Schichtwiderstand zu reduzieren und die Mobilität und Materialqualität weiter zu steigern. Dadurch wird die Leistung zukünftiger Transistoren verbessert und das Fraunhofer IAF kommt seinem Ziel, AlScN-HEMTs für industrielle Leistungselektronikanwendungen bereitzustellen, einen wesentlichen Schritt näher.

Bereitgestellt von der Fraunhofer-Gesellschaft

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